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Wer zu spät kommt, den bestrafen die Spatzen

Autor: Johann Müller

Hilfe für Mauersegler. Neues Projekt von OWV-Vogelwart Bernd Bauer.

Erst gegen Ende April treffen die Mauersegler aus ihren Winterquartieren in Afrika wieder bei uns ein. Nach bis zu 10.000 Kilometern Flugstrecke haben sie dann aber hier oft beim Brüten das Nachsehen. Vor allem Spatzen haben schon viel früher alle Nistmöglichkeiten in Nischen und Höhlungen belegt und verteidigen ihre Brutplätze.

Dieser Umstand veranlasste nun Bernd Bauer, den umtriebigen Kohlberger OWV- Vogelschützer, aktiv zu werden. Er hängte an seinem Wohnhaus weitere Brutkästen an der sonnigen Ostseite auf und will nächstes Jahr den Sperlingen „einen Riegel vorschieben“. Und zwar vor die Einschlupflöcher. „Weggenommen wird der erst, wenn auch die Mauersegler wieder im Land sind. So eine gefährdete Vogelart liegt mir halt mehr am Herzen als unsere Spatzen“, sagt er.

Das könnte funktionieren, um diesen Kulturfolgern mehr passenden Brutraum anzubieten. Bisher wird ihre Anzahl jedes Jahr kleiner, denn bei heutiger Bauweise stehen ihnen an Häusern und hohen Nebengebäuden kaum mehr Winkel, Überstände und genügend große Mauerritzen als Brutplatz zur Verfügung. Die Vögel bauen dort nur eine kleine Nestschale aus Gräsern und Federn hinein. Sie wird von den geselligen Tieren dann aber ihr ganzes Leben lang zur Aufzucht benutzt. Künstliche Nisthilfen nehmen Mauersegler auch an. Architekten, Bauherren und Hausbesitzer können ihnen da also helfen, sofern sie ein Herz für diese Tiere haben.

Mauersegler jagen als rasante Flugkünstler an warmen Sommerabenden durch die Straßen unserer Dörfer und Städte. Für Vogelschützer Bauer sind es faszinierende Wesen. „Wir wissen viel zu wenig über sie“, sagt er. Mit einer Gesamt-Flügelspannweite von vierzig Zentimetern werden sie deutlich größer als Schwalben. Sie verbringen den meisten Teil ihres Lebens nur in der Luft. Dort jagen sie Insekten, trinken und baden im Regen, balzen und paaren sich sogar im Flug. Und sie übernachten auch in der Luft. Dazu steigen sie sehr hoch auf und gleiten „schlafend“ mit geringer Geschwindigkeit dahin. Damit sie nicht abstürzen, bleibt immer eine Gehirnhälfte im Wechsel aktiv. Nur brütende Mauersegler übernachten in ihrer Nisthöhle. Alles was an fliegenden Insekten vor den Schnabel kommt, wird an die Jungen verfüttert. Pro Brutsaison etwa zwei Kilogramm. Bei schlechtem Wetten können die Nestlinge durch einen speziellen Hungerschlaf etwa eine Woche lang auch ohne Nahrung auskommen. Mit den Schwalben ist diese Art mit dem braunschwarzen Gefieder und den sichelförmigen Flügeln aber nicht verwandt, sondern mit dem Kolibri im Urwald.

Die Vögel sind wahre Flugathleten mit Höchstgeschwindigkeiten bis 200 km/h, Flughöhen bis in 3.500 Meter, täglichen Entfernungen bis zu 600 und einer Jahresflugleistung von bis zu 200.000 Kilometern. In fünf Lebensjahren sind das 25 Erdumrundungen oder zweieinhalb Mal die Strecke bis zum Mond. Ihr wissenschaftlicher Name Apus apus bedeutet soviel wie „ohne Füße“. Tatsächlich haben sie nur sehr kurze Beine, mit denen sie sich aber gut an senkrechten Wänden festkrallen können. Bauer hofft, dass sich auch durch seine Bemühungen in Zukunft viel mehr Mauersegler in unseren Orten auf- und an den Brutplätzen festhalten werden. Denn: „Artenschutz ist enorm wichtig“, so sein Credo.




Bernd Bauer vom OWV Kohlberg muss sich ganz weit strecken, um die Brutkästen für Mauersegler unter seinem Dachüberstand zu erreichen. Sie nisten erst ab sechs Metern Höhe.

Fotograf: Johann Müller