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Die zwölf Apostel vom Hainbachtal

Autor: Buschn-Hans
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Eine Geistergeschichte aus Kohlberg

„Woißt Hans, des is so g'wiß wouer, wej ich ejtz newer dir sitz! Dej G'schicht hout mir mei Voder á poor Mal vozöhlt, wej i nu á Kind woar!“ Die „Bachergroußn-Else“ klopft bei den Worten noch bestätigend mit den Fingern auf die Tischplatte, und ihre Stimme klingt sehr bestimmt. Dabei glaube ich ihr eh' jedes Wort, seitdem wir vor gut vierzig Jahren nebeneinander „áf dá Schtaamauern“ Kühe gehütet haben. Sie ist so eine ehrliche Haut, daß sie sich „Sind'n firchtn tát“, wenn sie lügen würde.

„Bachergroußn“ ist der fast schon vergessene Hausname von Else's Elternhaus und: „áf dá Schtaamauern“ eine Flurstücksbezeichnung. Nur damit nicht einer noch auf die Idee kommt, in Kohlberg würden die Kühe zum Weiden auf Hausmauern gezogen. Doch nun zur Geschichte der Apostel vom „Hámbátol“, wie der Hainbach im Dialekt genannt wird.

Die hat sich wohl ganz zu Beginn des letzten Jahrhunderts ereignet. Damals gab's im Ort noch kein Auto. Wer verreisen wollte, der ging oder fuhr zu den Bahnstationen in Röthenbach oder Weiherhammer. Bis in meine Jugendzeit hinein wurde auch an jedem Werktag die Post mit einer Pferdekutsche und im Winter mit dem Schlitten aus Weiherhammer geholt. Der „Posthalter“ nahm dabei gerne Passagiere mit, aber eben nur einmal am Tag. Wer zur „Unzeit“ verreiste oder ankam, der mußte die etwa 5 oder 7 Kilometer halt auf „Schusters Rappen“ hinter sich bringen.

So auch ein Bauer, der wohl in Weiden einen Viehhandel abgeschlossen hatte und nun mit der Bahn bis nach Röthenbach zuckelte. Vielleicht hat er sich in einem der dortigen Wirtshäuser noch ein „Seidl“ für den Weg in die Gurgel geschüttet. Jedenfalls war's schon stockdunkel, als er sich auf den Heimweg nach Kohlberg machte. Wer schon Nachts im Wald unterwegs war, der weiß, wie finster es unter Bäumen sein kann. Und daß damals die Wege nicht „brettl-eben“ waren, das kann man sich auch vorstellen. Daher war unser nächtlicher Wanderer richtig froh, als er in die Nähe der Thanmühle kam, wo der Wald bald aufhört.

Nur noch durch die Furt des kleinen Hainbachs mußte er waten, dann ging es raufwärts zur „Thaahejch“, dem Höhenzug nördlich von Kohlberg. Aber auf den letzten Metern vor dem kleinen Bachlauf stockte ihm der Schritt. Wie an einer Schnur im gleichen Abstand aufgereiht, kamen zwölf Lichter aus dem Dunkel hergezogen. Näher gekommen, erkannte er Menschengestalten in Mönchskutten, die Kapuzen über den Kopf gezogen und in der Knochenhand eine Laterne. Kein Gesicht, keine Augen, nur ein schwarzer Fleck, wo das Antlitz sonst ist. Ohne ein Geräusch zu verursachen, zog die grausige Gruppe in ein paar Metern Abstand an ihm vorbei bachaufwärts, bis der Schein ihrer Laternen im Holz verschwand.

Bleich, noch vor Angst schlotternd und keuchend vom Heimlaufen erzählte er im erstbesten Kohlberger Wirtshaus was er erlebt hatte. Geglaubt wurde ihm die Geschichte erst, als später noch weitere nächtliche Heimgeher die zwölf gruseligen Gestalten zu sehen bekamen. Da wurde dann auch die Bezeichnung: „die zwölf Apostel“ für die Gespenstergruppe erfunden. Eine Erklärung, warum die Erscheinung auftrat, gibt es bis heute nicht.

Mein Vater erzählte mal von einer anderen Geistererscheinung. Da sollen die seelenlosen Körper von eventuell ermordeten Kriegsgefangenen nachts zwischen ihren Gräbern und den Höfen, wo sie arbeiteten über die Felder geschwebt sein. Da dieser Spuk nur wenige Male auftrat, geriet die Geschichte bald wieder in Vergessenheit. Damit nun - wenn die Else und ich mal nicht mehr sind - jemand noch über die zwölf Apostel vom Hainbachtal lesen kann, dafür hat der „Buschn-Hans“ diese Zeilen auf's Papier getippt.

Buschn-Hans